Ich gehöre noch der analogen
Generation an. Computer waren eine esoterische Angelegenheit für Freaks,
Internet gab’s nicht, Telefone hatten Kabel, und Kopien machte man mit seltsam
riechendem Papier, auf dem der Druck nach wenigen Jahren verblasste. Tippfehler
wurden mit Tipp-Ex verschmiert, die Überschriften der Artikel unserer Schülerzeitschrift
mit Letraset gerubbelt, und das „o“ meiner Schreibmaschine stanzte Löcher ins
Papier. Digitale Steinzeit also.
Damals habe ich meine Geschichten
mit Kugelschreiber geschrieben und anschließend auf einer manuellen
Schreibmaschine, also ohne elektronische Unterstützung des Tastenanschlags,
abgetippt. Deswegen ist es mir trotz eines Schreibmaschinenkurses nie gelungen,
das Zehn-Finger-System zu beherrschen, weil man sich nun mal auf analogen
Schreibmaschinen beim Anschlag den kleinen Finger bricht, es sei denn, man kann
Karate. Dennoch war der Kurs keine Verschwendung; ich fordere noch heute jeden
im Ein-Finger-System heraus (nicht zu verwechseln mit dem Zwei-Finger-System.
Der zweite Finger kümmert sich bei mir ausschließlich um die Hochstell-Taste).
Später habe ich mir eine
Thermo-Schreibmaschine zugelegt, das war damals der neueste Schrei, ein
Wunderwerk der Technik. Mit so einem Ding war man immerhin in der Lage, eine
komplette Seite zu tippen und zu korrigieren, ehe man den Befehl zum Ausdrucken
gab. Speichern konnte man das Ganze natürlich nicht. Und die auf diese Weise
hergestellten Texte verblassten ebenfalls mit den Jahren.
Ende der Achtziger arbeitete ich
in einer Freien Theatergruppe, unter anderem im Büro, und wurde dort mit der
Arbeit am Computer vertraut gemacht, wofür ich heute noch dankbar bin. Ermutigt
durch diese Erfahrungen und einen Freund, der mir in deutlichen Worten
klarmachte, dass Thermoschreibmaschinen keine Zukunftstechnologie sind, kaufte
ich mir dann 1991 meinen ersten Computer, einen Toshiba T 1000. Und verbrachte
erst mal Wochen damit herauszufinden, warum mein Drucker keine Umlaute
ausdruckte.
Dass ich heute in der Lage bin,
selbstständig die Festplatte zu löschen und sämtliche Programme neu zu
installieren, mein Textverarbeitungsprogramm in- und auswendig kenne und
etliche andere Programme zumindest rudimentär, mir das Erstellen einer Website
und eines Blogs beigebracht und mich ins Selfpublishing eingearbeitet habe,
finde ich angesichts meiner Ausgangssituation beachtlich. Auch wenn sich
Freunde von mir gern darüber amüsieren, dass ich bis heute Schwierigkeiten
habe, eine SMS zu versenden, und mein vorsintflutliches Handy, das ich nur auf
Reisen benutze, mitsamt Stoffschutz in einem Hartschalen-Brillenetui mit mir
herumtrage, umwickelt mit Gummiband.
Aber ich schweife ab. Eigentlich
wollte ich ja von meiner Arbeitsweise erzählen. Also: Die Erstfassung eines
Werkes tippe ich direkt in den Computer. Mindestens zwei meiner etwa vier oder
fünf Überarbeitungen nehme ich jedoch anhand von Ausdrucken handschriftlich
vor, schon allein, weil ich dadurch Textstellen in verschiedenen Kapiteln, die
sich aufeinander beziehen, besser vergleichen kann, aber auch, weil ich so dem,
was der Leser später sieht, näher bin.
Es gibt die These, Texte am
Computer zu erstellen würde diese Texte oberflächlicher oder beliebiger machen,
was ich für ausgemachten Blödsinn halte. Es stimmt natürlich, dass die
spezifische Arbeitsweise am Computer – das Verschieben von Textblöcken etwa,
das Umstellen von Sätzen – spezifische Fehler hervorbringt, die es früher so
nicht gab, zum Beispiel herrenlose Wörter aus der älteren Fassung eines Satzes,
die versehentlich nicht mit gelöscht wurden und nun verzweifelt in den Zeilen
herumirren. Inhaltlich jedoch, davon bin ich überzeugt, dürften die
Möglichkeiten des Computers Texte eher verbessern. Allein weil ein Autor in der
Lage ist, ein unschönes Wort eine Minute vor Abgabeschluss noch zu ändern, eine
Arbeit, die ich früher sicher gescheut hätte, weil die Folge gewesen wäre, dass
ich die komplette Seite neu abtippen müsste.
Das Einzige, was früher besser
war, ist die Tatsache, dass man niemals die Arbeit von Tagen wegen eines
Systemabsturzes verlor. Sondern immer nur wegen der eigenen unleserlichen
Klaue.
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Gunnar