Für meine Krimis aus der Weimarer
Republik recherchiere ich auf die vielfältigste Weise. Zum einen nutze ich
natürlich das Internet; hier habe ich zum Beispiel so eine wundervolle Hilfe
gefunden wie die Dissertation über Kosmetika in der Weimarer Republik, die mir
für das Kapitel im Friseursalon in Band 3 („Inflation!“) höchst willkommen war.
Wichtiger noch sind natürlich
Bibliotheken. Wer inhaltlich in die Tiefe gehen will, insbesondere bei historischen
Themen, kommt nach wie vor um Bücher nicht herum. Das Internet ist kein Ersatz,
weil es im Großen und Ganzen zwar unglaublich aktuell und vielseitig, aber auch
oberflächlich ist. Abgesehen davon stöbere ich lieber stundenlang in Büchern,
die mich selbst dann inspirieren, wenn sie sich für meine Frage als
bedeutungslos herausstellen, während es mich ermüdet, mich im Netz durch
Tausende von Blabla-Seiten zu quälen. Zumal es Bücher zu allen, aber auch
wirklich allen Themen gibt. Für eine (noch unveröffentlichte) Fantasytrilogie
habe ich allen Ernstes mal ein Buch gefunden, dass einem verrät, worauf man
beim Sklavenkauf achten muss.
Dritte und vielleicht wichtigste
Quelle für meine Zwanziger-Jahre-Krimis sind die Tageszeitungen jener Zeit, die
mir eine Fülle an Informationen vermitteln (Darüber hatte ich ja an dieserStelle schon mal
berichtet). Zum einen erfahre ich präzise Details (Wie viel hat das Brot am
Montag gekostet? Wie war das Wetter während der Pfingstkundgebungen?), zum
anderen weiß ich, was die Menschen damals beschäftigt hat, worüber sie sich
aufgeregt und gestritten haben. Außerdem bekomme ich interessante Alltagsgeschichten
geliefert.
Während ich für meinen dritten
Krimi in den Tageszeitungen des Jahres 1923 recherchierte, habe ich zum
Beispiel erfahren, dass es damals eine Serie von Todesfällen infolge von
Pilzvergiftungen gab. So etwas bringt nicht nur Zeitkolorit in den Roman, es
erzählt gleichzeitig etwas über die Lebensumstände, weil die Menschen während
der Inflationszeit derart gehungert haben, dass offenbar auch diejenigen Pilze
sammeln gingen, die giftige und ungiftige nicht voneinander unterscheiden
konnten.
In den Zeitungen von 1926, die
ich augenblicklich für meinen fünften Krimi durchforste, sorgte die Nachricht
für Aufregung, dass während einer Übung des Roten Kreuzes ein Junge im Wannsee
ertrank. Auch diese Tragödie ist nicht bloße Staffage, denn sie erzählt
zugleich etwas über die immer noch vorhandene Obrigkeitshörigkeit jener Zeit,
weil die Verantwortlichen leichtfertige Entscheidungen trafen, um den adligen
Zuschauern zu imponieren.
Viertes Standbein meiner
Recherchen ist die gezielte Suche nach Informationen zum jeweiligen Thema des
Buches in Archiven, Museen und dergleichen. Für Band 4 („Zeppelin 126“) bin ich
natürlich zum Zeppelinarchiv nach Friedrichshafen gefahren, für den Band, an
dem ich augenblicklich arbeite, recherchiere ich unter anderem im Deutschen
Theater, Berlin.
Und schließlich sind natürlich
Interviews mit Fachleuten unersetzlich. Als ich vor vielen Jahren mit meiner
Serie anfing, habe ich Zeitzeugen befragt, Menschen, die ihre Jugend in der
Weimarer Republik verbrachten. Außerdem suche ich auch hier gezielt Gesprächspartner
für das jeweilige Thema: Gerichtsmediziner, Sprengstoffexperten, Zahnärzte,
Professoren, Meteorologen oder auch Mitarbeiter des Museums für
Telekommunikation, um etwas über die „Fräuleins vom Amt“ zu erfahren.
Bei meinem Besuch im Deutschen
Theater in dieser Woche durfte ich auf den Rollenboden, das ist die Zwischendecke
unterm Dach, von wo aus man über den Schnürboden die Züge zum Anheben von
Teilen des Bühnenbildes bedienen kann. Heute ist der Rollenboden aus Metall,
früher bestand er aus Holz und hat geknarrt und geknarzt. Wieder ein Detail
mehr für meinen Roman.
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Gunnar