Seit ich fünfzehn bin, schreibe
ich Tagebuch. Nicht jeden Tag und auch nur, wenn sich etwas Wesentliches in
meinem Leben ereignet, und es ist auch keine literarische Glanzleistung,
schließlich schreibe ich den ganzen Tag Geschichten, da beschränke ich mich
beim Tagebuch auf das Nötigste, aber immerhin. Anstoß war damals der Gedanke,
eine Materialsammlung für Geschichten anzulegen, denn zu dem Zeitpunkt trug ich
nach einem Unfall im Sportunterricht einen Fuß in Gips, und was ich dabei
erlebte, hätte gut und gern in einer Komödie Verwendung finden können,
angefangen beim Arzt, der wie Jerry Lewis aussah, bis hin zu der Tatsache, dass
ich mich von meinem Klumpfuß nicht davon abhalten ließ zu tun, was immer ich
tun wollte (einschließlich Tanzstunde fortsetzen), und daher ständig meinen
Gips ruinierte („Gipsmörder“ nannte mich Jerry).
Von Anfang an habe ich zu Neujahr
eine Art Resümee des vergangenen Jahres gezogen und mir Gedanken über das
kommende gemacht, das hat sich im Laufe meines Lebens als gute Sache erwiesen.
Ich gehe dann immer noch mal die letzten zwölf Monate durch, stelle fest, wie
viel ich bereits vergessen habe, und lasse das Jahr Revue passieren. Das hilft
mir, Tendenzen zu erkennen, das Erlebte in die richtige Perspektive zu rücken
und den eigenen Weg zu erkennen. Und gegebenenfalls zu korrigieren. Was
übrigens etwas anderes ist als der berüchtigte gute Vorsatz zu Silvester, weil
es nicht dem luftleeren Raum entspringt, weil es konkret ist, weil ich auch
nichts Unmögliches von mir verlange, sondern einen Prozess mit wachen Sinnen
begleite, den ich von Jahr zu Jahr über meine Aufzeichnungen hinweg verfolgen
kann. Das Tagebuch und das jährliche Resümee helfen mir, mich immer wieder
selbst zu verändern.
2014 war ein recht dramatisches
Jahr für mich, positiv wie negativ. Insbesondere wurde es von meinem
Bandscheibenvorfall geprägt, der mich drei Monate im Griff hielt, ehe er richtig
diagnostiziert wurde, und damit natürlich auch meine Arbeit beeinträchtigte.
Die Zeit, die es kostete, von Arzt zu Arzt und Physiotherapeut zu
Physiotherapeut zu rennen, die zum Teil erheblichen Schmerzen, die es mir zeitweilig
unmöglich machten, länger als eine Stunde am Computer zu sitzen, all das sorgte
dafür, dass ich mit meiner Terminplanung ins Hintertreffen geriet.
Glücklicherweise ist alles gut ausgegangen; auch wenn ich mein Leben komplett
umstellen musste, blieb mir doch eine risikoreiche OP erspart.
Die Krankheit ist natürlich auch
der Grund, weshalb ich meinen aktuellen Krimi erst mit etwa zwei Monaten
Verspätung werde abgeben können und weshalb ich mich schweren Herzens
entschieden hatte, 2014 ausnahmsweise keine neue Märchenfassung fürs Theater zu
schreiben.
Dafür bin ich geradezu
euphorisch, was meine sonstige schriftstellerische Tätigkeit im vergangenen
Jahr betrifft, weil ich an mehreren Werken gearbeitet habe, die Meilensteine
für mich waren und sind: Eine Fantasy-Familiensaga, ein außergewöhnliches
musikalisches ... nun ja, Theaterstück (beide noch im Entstehungsprozess) und natürlich
mein Buch über die unsichtbare Welt der Männer.
Was gab es noch im vergangenen
Jahr? Ich habe das „Tatort Töwerland“-Stipendium erhalten. Es wurden
Theaterstücke von mir gespielt, neben einigen Amateuraufführungen vor allem
meine Märchenfassung vom „Teufel mit den drei goldenen Haaren“ im Theater Erfurt,
außerdem, und darüber habe ich mich besonders gefreut, meine Märchenparodie für
Erwachsene, „Best of Grimms Märchen – Director’s Cut“ von Münchener Studenten
der Theaterwissenschaft (hab’ ich leider nicht sehen können).
Und sonst? Die (ohnehin vage)
Hoffung auf einen Film nach meinem Roman „Lagunenrauner“ hat sich leider
zerschlagen. Ich habe meine langjährige Arbeit als Vorstandsmitglied im
„Verband deutscher Schriftsteller“ bei ver.di beendet. Und nicht zuletzt habe
ich dieses Blog ins Leben gerufen (Liest mich da draußen eigentlich jemand? Ich
meine, abgesehen von ein paar Freunden und Verwandten?).
Soviel zum Rückblick, nächste
Woche folgt dann der Ausblick auf das Jahr 2015.
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Gunnar