Sonntag, 19. Juli 2015

Verkehrsbeunruhigt


Liebe Fahrschullehrer,

ich weiß, die Zeiten sind hart, und jeder muss sehen, wo er bleibt. Aber müsst ihr wirklich jeden Vollpfosten auf den Straßenverkehr loslassen? Oder wenn ihr das schon tut – könnt ihr denen nicht wenigstens rudimentäre Verkehrsregeln beibringen?

Zum Beispiel über das Rechtsabbiegen. Und dass es seit kurzem die Erfindung des Rückspiegels gibt, nicht als Egoverlängerung, sondern zum Hineinsehen. Und ein paar mathematische Grundregeln wären auch schön, es muss ja nicht gleich höhere Geometrie sein. Nur so Dinge wie Einfallswinkel und Ausfallswinkel. Dass man also, wenn man beim Rechtsabbiegen mitten auf der Radspur oder gar auf dem Zebrastreifen steht, nicht erwarten kann, noch irgendwas von Relevanz im Rückspiegel zu sehen.

Und erklärt ihnen doch bitte auch, dass ein Blinker dazu dient, um den Verkehrsteilnehmern hinter ihnen anzuzeigen, in welche Richtung sie abzubiegen gedenken. Rechtzeitig. Und nicht, um nach erfolgreichem Abbiegen zu signalisieren: „He, seht ihr, wie bunt mein Blinker funkelt?“

Den ganz Tapferen unter euren Schülern dürft ihr auch verraten, dass ein Radfahrer kein Fußgänger ist. Dass deshalb für ihn die Radfahrerampel gilt und nicht die Fußgängerampel. Und wenn keine Radfahrerampel vorhanden ist, die Autofahrerampel. Und dass manch ein Radfahrer es satt hat, jeden Tag sein Leben zu riskieren, weil die Pappnasen, die ihr da durch eure Prüfung gewunken habt, sofort losbrettern, sobald die Fußgängerampel rot zeigt. Und dann auch noch herumpöbeln, wenn sie einen über den Haufen fahren.

Nein, liebe Fahrschullehrer, ich möchte an dieser Stelle nicht über rücksichtslose Radfahrer debattieren, die es natürlich auch gibt, denn hier und jetzt reden wir über rücksichtslose Autofahrer, und ein Unrecht hebt ein anderes nicht auf.

Ich weiß, ihr habt es auch nicht leicht, wo es doch unter euren Schülern schrecklich viele Legastheniker gibt, die nicht einmal Piktogramme lesen können. Deshalb an dieser Stelle ein kleiner Exkurs: Ein weißes Zeichen mit zwei Rädern und einem Lenker bedeutet nicht: Hier ist ein prima Platz zum Parken. Oder zum Schwatzen. Oder zum Telefonieren. Oder was Autofahrer sonst noch gern auf der Radspur tun. Vielleicht hilft es, wenn ihr euren Schülern diese beiden Fotos zeigt, die ich für euch gemacht habe.

Das da: Fahrrad.


Das da: Auto.


Ach ja, und vielleicht könnt ihr bei der Gelegenheit auch gleich den Verkehrspolizisten erzählen, sie möchten doch wenigstens die in der dritten Reihe Parkenden aus Kreuzkölln entfernen.

Zum Schluss noch ein Wort zum Telefonieren und Lesen von E-Mails während der Fahrt: Multitasking gibt es nicht. Nein, liebe Frauen, auch bei euch nicht, das ist ein Mythos. Es gibt nur hundert Prozent Aufmerksamkeit, mehr is’ nich’. Mit denen kann man sich auf etwas konzentrieren, oder man kann sie aufteilen.

Klar, um Wäsche zu bügeln, braucht man nur zwanzig Prozent Aufmerksamkeit, dabei kann man immer noch Fernsehen gucken (drei Prozent genügen bei der Qualität unserer Programme) und sich mit den restlichen siebenundsiebzig Prozent mit seinem Partner unterhalten. Aber es sind trotzdem nicht mehr als hundert Prozent. Und wenn man die aufteilt, macht man eben alles nur ein bisschen und nichts richtig. Ich persönlich würde es zu schätzen wissen, wenn die Menschen, die da ihre Potenzverstärkung durch die Gegend schaukeln, wenigstens im Straßenverkehr mit hundert Prozent bei der Sache wären.

Danke.

1 Kommentar:

  1. :D

    Man entschuldige meine Wortwahl...! Aber...

    WIE GEIL! :D

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Vielen Dank für deinen Kommentar. Sobald ich ihn geprüft habe, schalte ich ihn frei.

Viele Grüße

Gunnar