Gelegentlich beteilige ich mich
an Literaturwettbewerben oder bewerbe mich für Stipendien, allerdings eher
sporadisch. Mittlerweile nur noch in Ausnahmefällen. Weil es nur wenige gibt,
die diesen Namen auch verdienen.
Bei den meisten Stipendien wird
erwartet, dass sich die Stipendiaten literarisch „auf den Lebenstraum einlassen"
oder „mit der Region auseinandersetzen", in dem/der das Stipendium
vergeben wird, ein Euphemismus für: „Schreiben Sie uns eine belletristische
Werbebroschüre." Oder es heißt gleich, der zu schreibende Roman solle in
der entsprechenden Gegend spielen. Es handelt sich dabei also nicht um ein
Stipendium, wie irreführenderweise behauptet wird, sondern um eine mehr oder
weniger angemessen bezahlte Auftragsarbeit.
Wohlgemerkt: Ich spreche
Ausschreibern keineswegs ab, ein Dankeschön von den Stipendiaten zu erhalten.
Eine kostenlose Lesung, Interviews, in der Schule über die Arbeit eines Autors
zu berichten, das alles geht in Ordnung. Aber schon den Zwang, ein
Online-Tagebuch führen zu müssen, empfinde ich als Zumutung, weil es mich in
erheblichem Maße von meiner eigentlichen Arbeit abhält. Das hat mit dem
Gedanken eines Stipendiums nichts zu tun.
Laut Meyers Konversationslexikon
ist ein Stipendium „eine Geldleistung, mit der Studium, Promotion,
Habilitation, Auslandsaufenthalte oder bestimmte Forschungsvorhaben finanziert
werden." Und die Wikipedia definiert: Ein Stipendium „ist eine finanzielle
Unterstützung für Künstler, Sportler, Schüler, Studenten oder
Jungwissenschaftler und als solches ein wesentliches Element der Begabtenförderung."
Eine Förderung der Stipendiaten also und ihrer
eigenen Vorhaben. Von einer Selbstbeweihräucherung derjenigen, die diese Stipendien
vergeben, ist da nicht die Rede.
Es handelt sich bei solchen
Pseudo-Stipendien in Wahrheit um einen Rückschritt in feudalistische Zeiten, in
denen Herrscher als Mäzene auftraten und sich im Gegenzug von ihren so
gekauften Künstlern lobhudeln ließen, in Form von Gedichten, Porträtbildern
oder Liedern. Das ist eine legitime Angelegenheit, nur bitte sollte sie dann
auch genau so beim Namen genannt werden, statt gönnerhaft zu tun, als ginge es
diesen Herrschaften um uneigennützige Künstlerförderung. Um die Autoren geht es
dabei nämlich am wenigsten.
Ähnlich Literaturwettbewerbe, die
sich dadurch finanzieren, dass die Teilnehmer zunächst eine „Gebühr"
entrichten müssen. Oder solche, die zwar kostenlos sind und bei denen der
Sieger auch einen angemessenen Preis erhält, sich die Autoren jedoch damit
einverstanden erklären müssen, dass ihre Wettbewerbsbeiträge unentgeltlich in
einer Anthologie abgedruckt werden. Anders ausgedrückt: Die Wettbewerbe kosten
die Initiatoren nichts, sie machen möglicherweise sogar noch Gewinn damit.
Finanziert durch all die Autoren, die nicht zu den Gewinnern gehören.
Auch schön: Wettbewerbe, bei
denen die Gewinner irgendwo in Hintertupfingen bekanntgegeben werden, wo dann
die Preisverleihung stattfindet, während ganz selbstverständlich davon
ausgegangen wird, dass die Autoren selbst zusehen müssen, wie sie dorthin
kommen. Da sind dann die Fahrtkosten oft höher als die Gewinne.
Beinahe wäre ich mal auf einen
Theaterwettbewerb hereingefallen, bei dem ein renommiertes (!) Hamburger
Theater „Künstlerförderung“ der besonderen Art betrieb. Laut Ausschreibung
wollten die Initiatoren Musicalautoren die Möglichkeit bieten, ein noch nicht
veröffentlichtes Werk professionell aufzuführen. Erst am Ende von mehreren
Seiten Online-Formular erfuhr man, gewissermaßen im Kleingedruckten, dass das
Theater erwartet, dass man im Falle der Vorauswahl die Inszenierung selbst
finanziert!
Mit anderen Worten: Offenbar litt
das Theater unter zu geringer Auslastung, und dies war eine billige und
zugleich prestigeträchtige Möglichkeit, ohne eigenes Risiko eine Produktion auf
die Beine zu stellen. Ich wüsste zu gern, ob den Promis, die diese „Initiative"
unterstützten, diese Klausel bekannt war.
Nein, liebe „Förderer der
Künste", so denn doch nicht. Ich lasse mich nicht gern dafür benutzen,
dass ihr euch selbst feiert.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen
Vielen Dank für deinen Kommentar. Sobald ich ihn geprüft habe, schalte ich ihn frei.
Viele Grüße
Gunnar