... bekam ich am vergangenen
Mittwoch verabreicht.
Mittwoch, 15. Oktober 2014. Am
Abend soll ich in Magdeburg lesen, doch wie ich erfahre, streiken ab 14:00 Uhr
die Lokführer. Ich studiere Fahrpläne. Kein Problem, der 11:59er vom Ostbahnhof
ist laut Fahrplan um kurz vor 14:00 Uhr in Magdeburg, das sollte genügen.
Eigentlich habe ich an diesem
Morgen eine Besprechung, die ich leider nach dreißig Minuten bereits wieder
verlassen muss, um den Zug noch zu erreichen. Doch was ist das? Die
Anzeigetafel teilt mir mit, dass der 11:59er nur bis Werder (Havel) fährt. Wie
kann das sein? Ich denke, der Streik beginnt erst um 14:00 Uhr?
Am Ostbahnhof sitzen zwei einsame
Herren am Auskunftsschalter, entsprechend lang ist die Schlange hilfloser
Fahrgäste, die nicht weiter wissen. Als ich endlich an die Reihe komme und mich
nach einer Möglichkeit erkundige, um nach Magdeburg zu gelangen, besteht die
einzige Antwort aus Schulterzucken: "Es wird gestreikt.“ Ach nein. Ich
frage, warum der Zug, der doch vor Beginn des Streiks in Magdeburg ankommen
soll, auf halber Strecke hält. Schulterzucken. (Wie ich am Abend aus den
Nachrichten erfahre, hat die Bahn beschlossen, ihre Züge vorsichtshalber schon
am Morgen dahin zu fahren, wo sie am Donnerstag gebraucht werden. Mit anderen
Worten: Um am Donnerstag Chaos zu vermeiden, haben sie am Mittwoch Chaos
produziert).
Es ist mir unbegreiflich, warum
die Bahn nie in der Lage ist, auch nur der kleinsten Abweichung des gewohnten
Ablaufs angemessen zu begegnen. Zwei vereinzelte Herren am Auskunftschalter,
die genauso wenig Ahnung haben wie die Fahrgäste! Aber was erwartet man von
einer Organisation, die jedes Jahr aufs Neue davon überrascht wird, dass es im
Sommer heiß ist und im Winter schneit!
Ich checke die Busunternehmen,
die mir bekannt sind: Mein Fernbus, Flixbus, ADAC Postbus, Berlin Linienbus.
Alle sind bereits am Vormittag nach Magdeburg aufgebrochen oder fahren erst
wieder gegen Abend. Jetzt bin ich in Panik. Was tun?
Mitfahrgelegenheit! Ich hetze
nach Hause. Mittlerweile bin ich schweißgebadet und muss erst mal sämtliche
Kleidung wechseln. Dann will ich mich in mein Konto bei mitfahrgelegenheit.de
einloggen. Das System nimmt mein Passwort nicht an. Also lasse ich mir ein
Neues zuweisen. Zumindest versuche ich es. Dreimal, um genau zu sein, und jedes
Mal bekomme ich eine leere Zeile geschickt. Was nun?
Ich erstelle ein neues Konto und
logge mich ein. Ja, es gibt einen Fahrer, der um 14:00 Uhr nach Magdeburg
fahren will, juchhu! Seine Kontaktdaten sind verborgen, sie werden erst
angezeigt, wenn ich meine Handynummer eingegeben habe. Ich tue, was verlangt
wird. Das System wirft mich raus: „Ihre Nummer wird von einem anderen Konto
benutzt.“ Klar, von meinem eigenen!
Jetzt könnte ich wirklich
schreien. Ich fluche und schlage die Faust gegen die Wand, um meiner
Frustration Herr zu werden. Und die Zeit läuft mir davon!
Noch einmal probiere ich, mir ein
neues Passwort fürs alte Konto zuweisen zu lassen, und siehe da: Diesmal
klappt’s. Ich logge mich ein. Klicke den Fahrer an. Gebe meine Handynummer ein.
Und fliege raus: „Ihre Nummer wird von einem anderen Konto benutzt.“
Liebe Leute, je mehr ihr
versucht, eure Kunden zu gängeln und in Schablonen zu pressen, desto anfälliger
ist das System für Fehler und desto größer die Wahrscheinlichkeit, dass es sich
mangels Ausweichmöglichkeit gegen einen kehrt. Ist euch dieser Gedanke schon
mal gekommen?
Ich versuche, mein zweites Konto
zu löschen, finde aber auf die Schnelle auf der ganzen Seite keinen Hinweis
darauf, wie man das macht. Auch keine Notfalltelefonnummer. Ich schicke eine
Mail an die Betreiber mit Bitte um schnelle Antwort. Keine Reaktion.
Nun bin ich langsam mit meinem
Latein am Ende. Doch, halt! Vielleicht gibt es ja auch Busunternehmen, von
denen ich noch nichts weiß. Ich gebe eine entsprechende Suchanfrage ein. Und
richtig: One Bus fährt um 14:00 Uhr vom Berliner ZOB nach Magdeburg.
Zum ZOB brauche ich eine knappe
Stunde, und die Uhr zeigt 12:45 Uhr. Ich gebe meine gesammelten Personalien
ein. Die Nummer der VISA-Card. Die Gültigkeitsdauer. Den Sicherheitscode.
Buche. Kopiere mir das E-Ticket auf einen Stick, weil ich zurzeit gerade mein
Computersystem umstelle und der Drucker nur am anderen Computer funktioniert. Übertrage
die Daten. Drucke. Schnappe meine Sachen. Hetze los.
Elf Minuten vor der Abfahrt
erreiche ich den Bus.
jetzt fühle ich mich innerlich vorbereitet auf den drohenden Streik...ich sollte die nächsten Tage joggen gehen, damit ich das überstehe...danke für den amüsanten Bericht!
AntwortenLöschenNa dann: Gute Fahrt!
Löschen:-)