Die Recherche zu meinem nächsten
Krimi macht Fortschritte. In der Theatersammlung des Stadtmuseums habe ich das
nachstehende Bild eines Inspizientenpultes aus der Weimarer Zeit bekommen,
sodass eine meiner wichtigsten Fragen endlich beantwortet ist.
Auch im Institut für
Theaterwissenschaft an der FU Berlin fand ich manch Interessantes, u. a. ein
Original-Regiebuch von Max Reinhardt („Dantons Tod“) und ein Inspizientenbuch
des Königlichen Opernhauses.
Natürlich stieß ich auch wieder
auf lustige Anzeigen in alten Zeitschriften. In „Das Theater“ meint
beispielsweise der Kammersänger Leo Slezak: Neben
„Ultraphon“ verblasst jeder andere mir bisher bekannte Sprechapparat, ich werde
Platten nur noch auf „Ultraphon“ spielen. Eine Schlankheitskur wird
ebenfalls angepriesen: Dr. Hermsens
Sauerstoff-Entfettungs-Bäder – in jeder Badewanne verwendbar.
In der Zeitschrift: „Die Kritik“
finden sich Hädensa – die Rettung aller
Hämorrhoidal-Leiden, Dr. med. Falks
Biofungin gegen Blutarmut und Erschöpfung und der Hinweis: Jede Lebenshemmung beseitigt nur die bionome
Nusskost. Wie man sieht, wurden die Menschen auch damals von der Werbung
nicht viel anders für dumm verkauft als heute.
Mit Interesse habe ich mir „Die
Funkstunde“ angesehen. Was lief damals im noch jungen Medium Radio? Nun, zum
Beispiel gab es täglich einen Bericht
über die Kleinhandelspreise der wichtigsten Lebensmittel in der
Zentralmarkthalle und einen Tendenzbericht
der Berliner Vorbörse, außerdem „Onkel Brauns“ Sendungen für Kinder und Leibesübungen nach Kommandos mit
Musikbegleitung. Die dazu notwendigen Stellungsskizzen wurden in der
„Funkstunde“ veröffentlicht.
Übrigens: Letzte Woche hatte ich
ja geschrieben, dass ich meine eigenen Texte, wenn nötig, rigoros kürze. So
fiel in „Inflation!“, dem dritten Band meiner Krimiserie aus der Weimarer
Republik, folgende Zeitungsannonce, die ich während meiner damaligen Recherchen
entdeckt hatte und eigentlich im Roman verarbeiten wollte, meinen Strichen zum
Opfer: Ich warne jeden, meiner Frau
Elfriede Fritz, geb. Ender, sowie meinem Sohn Kurt Fritz und meiner Tochter
Pauline Fritz etwas zu borgen oder einen Kredit zu gewähren, da ich für nichts
aufkomme. August Fritz, Ehemann. Tragikomisch, oder?
Hauptsächlich recherchiere ich
derzeit aber zur politischen Situation. Auf meinem Couchtisch stapeln sich
wieder die Bücher und Kopien, diesmal zu den Themen Hindenburg, Bund Wiking,
Schwarze Reichswehr, Hitler, Hugenberg, Universitätsgeschichte, Geschichte der
Physik, Frauen in der Wissenschaft, Polizeiausstellung, die Geschichte von
Allergien und Infektionen, Schulgeschichte, Verkehrssituation in Berlin,
Shakespeares Sommernachtstraum,
klassische Rachetragödien. Wie eine Bibliothekarin mal zu mir sagte: „Bei derart
unterschiedlichen Themen kann man sich nie vorstellen, woran Sie gerade
schreiben.“
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Gunnar