Sonntag, 20. Juli 2014

Inspizientenpult und Schlankheitskuren



Die Recherche zu meinem nächsten Krimi macht Fortschritte. In der Theatersammlung des Stadtmuseums habe ich das nachstehende Bild eines Inspizientenpultes aus der Weimarer Zeit bekommen, sodass eine meiner wichtigsten Fragen endlich beantwortet ist. 


Auch im Institut für Theaterwissenschaft an der FU Berlin fand ich manch Interessantes, u. a. ein Original-Regiebuch von Max Reinhardt („Dantons Tod“) und ein Inspizientenbuch des Königlichen Opernhauses.

Natürlich stieß ich auch wieder auf lustige Anzeigen in alten Zeitschriften. In „Das Theater“ meint beispielsweise der Kammersänger Leo Slezak: Neben „Ultraphon“ verblasst jeder andere mir bisher bekannte Sprechapparat, ich werde Platten nur noch auf „Ultraphon“ spielen. Eine Schlankheitskur wird ebenfalls angepriesen: Dr. Hermsens Sauerstoff-Entfettungs-Bäder – in jeder Badewanne verwendbar.

In der Zeitschrift: „Die Kritik“ finden sich Hädensa – die Rettung aller Hämorrhoidal-Leiden, Dr. med. Falks Biofungin gegen Blutarmut und Erschöpfung und der Hinweis: Jede Lebenshemmung beseitigt nur die bionome Nusskost. Wie man sieht, wurden die Menschen auch damals von der Werbung nicht viel anders für dumm verkauft als heute.

Mit Interesse habe ich mir „Die Funkstunde“ angesehen. Was lief damals im noch jungen Medium Radio? Nun, zum Beispiel gab es täglich einen Bericht über die Kleinhandelspreise der wichtigsten Lebensmittel in der Zentralmarkthalle und einen Tendenzbericht der Berliner Vorbörse, außerdem „Onkel Brauns“ Sendungen für Kinder und Leibesübungen nach Kommandos mit Musikbegleitung. Die dazu notwendigen Stellungsskizzen wurden in der „Funkstunde“ veröffentlicht.

Übrigens: Letzte Woche hatte ich ja geschrieben, dass ich meine eigenen Texte, wenn nötig, rigoros kürze. So fiel in „Inflation!“, dem dritten Band meiner Krimiserie aus der Weimarer Republik, folgende Zeitungsannonce, die ich während meiner damaligen Recherchen entdeckt hatte und eigentlich im Roman verarbeiten wollte, meinen Strichen zum Opfer: Ich warne jeden, meiner Frau Elfriede Fritz, geb. Ender, sowie meinem Sohn Kurt Fritz und meiner Tochter Pauline Fritz etwas zu borgen oder einen Kredit zu gewähren, da ich für nichts aufkomme. August Fritz, Ehemann. Tragikomisch, oder?

Hauptsächlich recherchiere ich derzeit aber zur politischen Situation. Auf meinem Couchtisch stapeln sich wieder die Bücher und Kopien, diesmal zu den Themen Hindenburg, Bund Wiking, Schwarze Reichswehr, Hitler, Hugenberg, Universitätsgeschichte, Geschichte der Physik, Frauen in der Wissenschaft, Polizeiausstellung, die Geschichte von Allergien und Infektionen, Schulgeschichte, Verkehrssituation in Berlin, Shakespeares Sommernachtstraum, klassische Rachetragödien. Wie eine Bibliothekarin mal zu mir sagte: „Bei derart unterschiedlichen Themen kann man sich nie vorstellen, woran Sie gerade schreiben.“

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Gunnar