Erste Phase: Vorbereitung, also
Ideensammlung, Recherche und Konzeption. Diese Phase dauert unterschiedlich
lange, von wenigen Wochen bis zu einem halben Jahr und länger, je nachdem, wie
aufwändig die Recherche ist. Ich gehöre zu denen, für die eine gute
Vorbereitung das A und O ist. Ich stelle ein ausführliches Szenarium her (Wer
macht was wann wo?) und arbeite die Biografien meiner Figuren aus.
Manchmal ist die Konzeption der
frustrierendste Teil der Arbeit. Die bescheidene Quantität des Outputs macht
mich oft kribbelig, weil es immer wieder dieselben zwei, drei Seiten sind, die
ich noch mal und noch mal und noch mal durchgehe und verändere und wieder
verändere, während ich versuche, alle Ungereimtheiten zu beseitigen,
Begründungen zu finden und lose Enden zu verknüpfen. Auf der anderen Seite bin
ich nur hier vollkommen frei. Alles ist noch möglich, nichts steht fest,
Figuren, Plot, Stimmung – alles ist im Fluss. Und der Druck, den mir die
Vorarbeit macht, hat auch sein Gutes: Irgendwann bin ich so randvoll damit,
dass ich platze und in einem wahren Rausch loszuschreiben beginne. Das ist
zugleich der Wechsel vom Kopf zum Herzen.
Zweite Phase: Die Erstfassung (in
dieser Phase befinde ich mich gerade mit meinem neuen Krimi). Die erste
Fassung, wenn man das Weiß des Papiers oder einen leeren Bildschirm füllt, ist
freier Fall. Was ich hier falsch mache, wird mir noch Monate später das Leben
erschweren. Zugleich wohnt diesem Augenblick aber eine besondere Magie inne.
Dies ist der eigentliche Schöpfungsakt, der Augenblick, in dem man toter
Materie Leben einhaucht, in dem Worte plötzlich zu Menschen aus Fleisch und
Blut werden.
Dritte Phase: Überarbeitung. Ich
überarbeite gern. Diese Phase gehört zwar zum Anstrengendsten im Alltag eines
Autors, wenn man stundenlang an einer Handvoll Sätze feilt, weil einem partout
nicht das richtige Wort einfällt oder die gewünschte Satzmelodie zu unschönen
Wortdoppelungen führt. Zugleich ist dies der leichteste Teil, weil ich eine
Basis habe, an der ich mich festhalten kann.
Bei jeder Überarbeitung
(insgesamt schreibe ich für jeden Roman fünf bis sechs Fassungen) konzentriere
ich mich auf etwas anderes: auf die Figuren, die Handlung, die Einarbeitung der
Recherche, die möglichst dichte Verknüpfung der Details, zum Schluss auf die
Sprache.
Ich habe gelernt, entspannt zu
sein, wenn mal etwas nicht so gut klappt. Während der Erstfassung weiß ich,
dass ich mich auf mein zukünftiges Ich verlassen kann, das gewissenhaft alle
Fehler ausbügeln wird. Und beim Überarbeiten kann ich auf das aufbauen, was
mein vergangenes Ich bereits geleistet hat. So muss ich zu keinem Zeitpunkt die
ganze Last allein tragen. Das ist fast so gut wie ein geklontes zweites Ich.
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Gunnar