Sonntag, 31. August 2014

Die drei Phasen beim Schreiben



Erste Phase: Vorbereitung, also Ideensammlung, Recherche und Konzeption. Diese Phase dauert unterschiedlich lange, von wenigen Wochen bis zu einem halben Jahr und länger, je nachdem, wie aufwändig die Recherche ist. Ich gehöre zu denen, für die eine gute Vorbereitung das A und O ist. Ich stelle ein ausführliches Szenarium her (Wer macht was wann wo?) und arbeite die Biografien meiner Figuren aus.

Manchmal ist die Konzeption der frustrierendste Teil der Arbeit. Die bescheidene Quantität des Outputs macht mich oft kribbelig, weil es immer wieder dieselben zwei, drei Seiten sind, die ich noch mal und noch mal und noch mal durchgehe und verändere und wieder verändere, während ich versuche, alle Ungereimtheiten zu beseitigen, Begründungen zu finden und lose Enden zu verknüpfen. Auf der anderen Seite bin ich nur hier vollkommen frei. Alles ist noch möglich, nichts steht fest, Figuren, Plot, Stimmung – alles ist im Fluss. Und der Druck, den mir die Vorarbeit macht, hat auch sein Gutes: Irgendwann bin ich so randvoll damit, dass ich platze und in einem wahren Rausch loszuschreiben beginne. Das ist zugleich der Wechsel vom Kopf zum Herzen.


Zweite Phase: Die Erstfassung (in dieser Phase befinde ich mich gerade mit meinem neuen Krimi). Die erste Fassung, wenn man das Weiß des Papiers oder einen leeren Bildschirm füllt, ist freier Fall. Was ich hier falsch mache, wird mir noch Monate später das Leben erschweren. Zugleich wohnt diesem Augenblick aber eine besondere Magie inne. Dies ist der eigentliche Schöpfungsakt, der Augenblick, in dem man toter Materie Leben einhaucht, in dem Worte plötzlich zu Menschen aus Fleisch und Blut werden.


Dritte Phase: Überarbeitung. Ich überarbeite gern. Diese Phase gehört zwar zum Anstrengendsten im Alltag eines Autors, wenn man stundenlang an einer Handvoll Sätze feilt, weil einem partout nicht das richtige Wort einfällt oder die gewünschte Satzmelodie zu unschönen Wortdoppelungen führt. Zugleich ist dies der leichteste Teil, weil ich eine Basis habe, an der ich mich festhalten kann.

Bei jeder Überarbeitung (insgesamt schreibe ich für jeden Roman fünf bis sechs Fassungen) konzentriere ich mich auf etwas anderes: auf die Figuren, die Handlung, die Einarbeitung der Recherche, die möglichst dichte Verknüpfung der Details, zum Schluss auf die Sprache.

Ich habe gelernt, entspannt zu sein, wenn mal etwas nicht so gut klappt. Während der Erstfassung weiß ich, dass ich mich auf mein zukünftiges Ich verlassen kann, das gewissenhaft alle Fehler ausbügeln wird. Und beim Überarbeiten kann ich auf das aufbauen, was mein vergangenes Ich bereits geleistet hat. So muss ich zu keinem Zeitpunkt die ganze Last allein tragen. Das ist fast so gut wie ein geklontes zweites Ich.

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Gunnar